"Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben." Kurt Tucholsky
Mir tut es gut, den Alltagspfad zu verlassen und neue Wege zu entdecken. Weg von Superlativen hin zu den einfachen Dingen, die Energie ins Leben bringen: Bewegung, wertvolle Begegnungen, gutes Essen und Zeit in der Natur geben mir Kraft und helfen mir, die Lebensfreude immer wieder neu zu erwecken.
Ich reise langsam - am Liebsten zu Fuß. Dabei habe ich nicht vordergründig die Sehenswürdigkeiten und Hotspots im Auge, ich interessiere mich vielmehr für die Menschen, ihre Kultur und kulinarischen Spezialitäten, konzentriere mich auf die Landschaft und auf die kleinen Dinge, die mir am Wegrand begegnen. Unterwegs sammle ich nicht nur jede Menge neue Erkenntnisse, sondern auch Rezepte zum Nachkochen in meinen Workshops - das verlängert den Urlaub zu Hause und macht immer wieder Appetit auf Neues.
Meine Reiseziele sind weder exotisch noch außergewöhnlich, sondern schnell zu erreichen und meist günstig zu bereisen. Für teure Ausrüstung oder Ultraleicht-Gepäck fehlt mir das gewisse Kleingeld. Ich reise gerne mit Ringos altem Zelt, auch wenn es immer Probleme mit Kondensation gibt, es nicht dicht ist und deshalb ziemlich nerven kann - ein Stück von ihm bei mir zu tragen, ist besonders wertvoll für mich. Und das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, wenn ich mich morgens aus dem Zelt schäle, lässt alle Anstrengung vergessen und verzaubert mich immer wieder.
Es war mein Mann Ringo, der mich auf Reisen führte.
Wir wollten gemeinsam Reisen, die Welt entdecken, das Leben genießen. Auf einer Reise durch Europa. Eine Auszeit nur für uns, für unsere Träume. Wir wollten so viel entdecken. Allein die Planung erfüllte viele Abende mit Leben und Vorfreude.
Dann kam Ringos Diagnose: mehrere aggressive Krebsarten ohne Heilungschancen. Zuerst hatten wir noch die Hoffnung, dass eine Chemotherapie uns etwas Zeit schenken würde und wir zumindest einen Teil der Reise noch unternehmen könnten. Doch die Medikamente blieben ohne Wirkung. Zusammen mit allen anderen Lebensplänen war auch dieser Traum geplatzt.
Ich kann bis heute nicht richtig begreifen, dass Ringo mich trotz seiner ausweglosen Situation ermutigte, unsere gemeinsame Reise ohne ihn zu unternehmen. Bei all dem Leid, dass er durchleben musste, kam bei mir überhaupt kein Gedanke ans Reisen auf, ich konnte und wollte mir nicht vorstellen, ohne ihn zu verreisen. Doch Ringo träumte unseren Traum für mich weiter und war überzeugt, dass mir das Unterwegssein helfen wird.
Nach seinem Tod kam tatsächlich der Zeitpunkt, an dem ich immer wieder an seine Worte denken musste und spürte, dass er Recht hatte. Ich brauchte einen Tapetenwechsel. Abwechslung aber auch eine besondere Zeit „zu zweit“. Eine Auszeit von der Trauer und gleichzeitig Zeit für die Trauer. Ohne großartig nachzudenken buchte ich einen Flug und machte mich auf den Weg. Ohne Plan und ohne Rückflug. Mit einem Rucksack voller Trauer. Ein bisschen davonlaufen, aber auch einem neuen Leben entgegenlaufen. Weg von allem, unterwegs zu allem.
Ich bin Ringo unendlich dankbar, dass er mich auf diesen Weg geführt hat, im Herzen reist er immer mit mir.
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